Bangkok, die Metropole auf einem ehemaligen Sumpfgebiet, erkunden wir aufgrund unserer spontanen Planänderung ohne Fahrräder. Aber auch so sind unsere Mittel der Fortbewegung jedes Mal wieder etwas Besonderes.

Viel Spaß beim Lesen!

Wir sitzen in einem rumpeligen Wagon der thailändischen Eisenbahn und sehen die Landschaft an uns vorbei rauschen. An der Decke brummen alte Ventilatoren und aus den offenen Fenstern strömt frischer Wind hinein. Das Rattern der Wagons auf den Schienen schallt ununterbrochen durch die Gänge. Die Türen des Zuges sind die ganze Zeit offen. Es gibt viel modernere Züge in Thailand, aber wir sitzen gerade in der Regionalbahn und zahlen für die ca. 100 km bis ins Zentrum der Hauptstadt nicht mal zwei Euro.
Wir sind umgeben von viel Grün, viel Wasser oder besser  gesagt sumpfigem Gebiet, welches in Form von Reisfeldern und Fischfarmen nutzbar gemacht wurde. Den natürlichen Ursprung erkennt man nur ab und an.

Das günstige Ticket hat auch seinen Preis, für die Strecke brauchen wir gute drei Stunden. Kein Wunder, denn der Zug hält gefühlt überall an. Die Passagiere hieven sich dann teilweise den Absatz zum Waggon nach oben, einen Bahnstieg oder gar einen Bahnhof gibt es nicht immer an den Stopps.
Doch die Zugfahrt ist eben auch sehr interessant und es gibt viel zu entdecken. Je mehr, desto näher wir dem urbanen Gebiet kommen. Das Leben wächst hier gefühlt mit den Schienen zusammen. Hütten und Häuser reichen bis an die Gleise heran. Einen Sicherheitsabstand gibt es, wenn überhaupt, von nur wenigen Zentimetern. Manchmal peitschen die Zweige an den Fenstern entlang.
Der Blick nach draußen, durch die offenen Fenster könnte gefährlich enden, aber er ist zugleich auch so spannend! Märkte und das wuselige Treiben geschehen direkt neben dem Gleis. Wenn der Zug hält, könnten wir uns wohl direkt eine Kleinigkeit aus einem der Suppentöpfe nehmen.
Wir rollen weiter in die Metropole hinein. Die Architektur zeigt offensichtliche Kontraste, die wohl ganz Bangkok durchziehen. Klapprige Buden, aus Bambus und Wellblech, die wohl länger halten, als man beim Anblick zu denken vermag und dahinter erheben sich all diese riesigen Hochhäuser aus Beton, Stahl und Glas, die Bangkok in eine moderne Metropole verwandeln und zu einer beeindruckenden Skyline verhelfen.

Wir sind in Krung Thep Maha Nakhon. Doch dies ist nur eine verkürzte Form des offiziellen, thailändischen Namens der Metropole, die den längsten Ortsnamen einer Hauptstadt weltweit trägt.

„กรุงเทพมหานคร อมรรัตนโกสินทร์ มหินทรายุธยามหาดิลก ภพนพรัตน์ราชธานีบุรีรมย์ อุดมราชนิเวศน์ มหาสถานอมรพิมาน อวตารสถิต สักกะทัตติยะ วิษณุกรรมประสิทธิ์“

Krung Thep Maha Nakhon Amon Rattanakosin Mahinthara Yutthaya Mahadilok Phop Noppharat Ratchathani Burirom Udom Ratchaniwet Maha Sathan Amon Phiman Awatan Sathit Sakkathattiya Witsanukam Prasit 

Als wir am Bahnhof aussteigen, haben wir erstmal das Gefühl im falschen Ort gelandet zu sein. Uns weht eine frische Brise um die Nase und alles erscheint uns total entspannt und ruhig. Das soll die viel zu heiße und pulsierende Hauptstadt Thailands sein? Wir müssen schmunzeln.

Wir laufen zu unserer Bleibe, die sich in einer Straße befindet, wo gefühlt den ganzen Tag Pakete gepackt werden. Die kleinen und großen Verpackungen stehen überall in den zur Straße hin offenen Räumen bzw. Häusern der Familien oder einfach direkt auf den Gehwegen. Dazwischen werden fleißig Blöcke an den Schreibtischen vollgeschrieben, es wird telefoniert oder auf LKW, Jeeps oder Mopeds verladen. Dazwischen der ein oder andere private Schnack und die herumwuselnden Kinder der Familien. 

Wir legen unsere Sachen im Gästehaus ab und finden uns wenig später in China Town wieder. Hier herrscht dann schon eher das Großstadttreiben, was wir hier erwartet haben. Die Vorbereitungen auf das Chinese New Year, was bald bevorsteht, scheinen schon in vollem Gange zu sein. Die Hauptstraße ist voller Tuk Tuks mit aufgemöbelten, lauten Motoren, Bussen, Autos und Rollern. Hinter der Absperrung zur Straße schieben sich Menschenmassen aus aller Welt an den unzähligen Straßeküchewagen oder- ständen vorbei. Auch bei uns macht sich langsam der Hunger bemerkbar. Doch, wie immer, sind wir überfordert bei so viel Auswahlmöglichkeiten. Inmitten des ganzen Chaos prasselt noch etwas Straßenmusik auf uns ein. Wir entdecken kleine und große Läden mit Plastikschrott jeglicher Art, Ramsch für das chinesische Neujahr, immer wieder Apotheken mit traditioneller, chinesischer Medizin oder andere Skurrilitäten.
Wir lassen die Szenerie auf uns wirken und stellen fest, dass uns dieses bunte Chaos einer asiatischen Großstadt mittlerweile ziemlich bekannt vorkommt. Für uns sind viele Dinge nach Delhi und co. fast schon „normal“ geworden. Wie würde die Stadt wohl auf uns wirken, würden wir hier direkt aus Deutschland ankommen und wie werden uns wohl die Großstädte in der Heimat vorkommen, wenn wir eines Tages zurückkehren?  Darauf erstmal ein Kokosnusseis.

Den nächsten Tag verbringen wir vor allem damit, unsere Ausrüstung auszutauschen oder Ersatz zu finden. Mit Metro und Wassertaxi geht’s für uns gefühlt ans andere Ende der Stadt. Bei den Distanzen wird einem dann doch immer noch einmal mehr bewusst, dass man sich gerade in einer riesigen Metropolregion befindet, in der über 11 Millionen Menschen leben.
Erster Stopp ist ein Laden, der Ortliebtaschen und Ersatzteile verkauft. Nach der ständigen Kleberei ist es nun an der Zeit für eine neue Lenkertasche. Das wir so lange mit der alten auskommen, hat seinen Grund. Wir haben vorher schlicht und einfach keinen anderen Ortliebhändler in Südostasien gefunden.  

Als nächstes geht es zum Outdoorshop, um das Isomatten-Problem zu lösen. THERMAREST verspricht zwar eine lebenslange Garantie, aber natürlich sind wir nach der ganzen Kamerageschichte ziemlich skeptisch, was solche Versprechen angeht. Doch wir werden eines Besseren belehrt. Wir zeigen dem Verkäufer das Problem mit der riesigen Beule und noch bevor die Isomatte komplett aufgepumpt ist, verschwindet er auch schon im Lager. Ein paar Minuten später kommt der lustige Verkäufer mit einer nagelneuen Isomatte um die Ecke, drückt sie Isi in die Hand und bittet uns lediglich noch einen Namen zu notieren.
Wow, wir sind positiv überrascht und echt beeindruckt. Für die Gewährung der Garantie ohne Aufpreis benötigen wir noch nicht mal einen Kaufbeleg. Als Bim seine über 10 Jahre alte Matte hervorholt, der man ihr Alter tatsächlich auch ansieht, verschwindet er wieder und kommt mit der Nachricht zurück, dass er das Loch gefunden hat und repariert sie. Was für ein Service.
Dennoch stellen wir über Nacht fest, dass die Matte nun auch schon so komische Knirsch-Geräusche von sich gibt. Also begeben wir uns auch am nächsten Tag nochmal ins Geschäft und auch Bim bekommt Ersatz gestellt wegen Delaminierung der Matte. Da das Modell so nicht mehr existiert, müssen wir lediglich noch den Differenzbetrag zahlen. Nun liegen wir also nach fast drei Jahren nicht nur bald mal wieder auf einer Höhe im Zelt, sondern haben auch wieder etwas mehr Vertrauen in die Garantieversprechen namhafter Marken gewonnen.

Danach stoppen wir noch beim Friseur. Der Laden ist rappelvoll, aber dennoch wird uns gleich eine Mitarbeiterin gesucht, die Englisch spricht. Sie läuft mit uns zum Dresen, wo ein paar Frauen fleißig die freien Termine in ihren Blöcken checken und abkassieren. Wir zahlen insgesamt nur 100 Thai Baht (ca. 2,50 €) für Waschen, Schneiden und Föhnen, zusammen. Die Haare werden, wie eigentlich überall in Südostasien, auf einer Art Liege gewaschen. Überall sind Ventilatoren angebracht und meistens arbeiten gleich mehrere Mitarbeiter*innen an einem Kopf.
Bei Isi kann man ja nicht so viel falsch machen, aber Bims Friseurin ist wohl etwas überfordert mit dem blonden Wuschelkopf. Irgendwann eilt dann glücklicherweise ein anderer Mitarbeiter zur Hilfe, nachdem sich Bims Gesicht immer mehr verdunkelt. Dass es sich hier um eine Friseurschule handelt, bemerken wir beide erst am Ende, als die Lehrerinnen und Lehrer nochmal kontrollieren und nachschneiden. Das Schild am Eingang bestätigt dann unsere Befürchtung. Nun ergibt auch alles Sinn. Damit war das nicht nur der günstigste Friseurbesuch unseres bisherigen Lebens, sondern definitiv auch der lustigste… zu mindestens im Nachhinein.

Wir bahnen uns unseren Weg zurück ins Zentrum der Stadt an und auf den Kanälen entlang. In Bangkok dienten die sogenannten Khlongs jahrhundertelang als Transportwege, für schwimmende Märkte und letztlich auch zur Entsorgung von Fäkalien. Heutzutage wurden bereits sehr viele davon zugeschüttet und durch Abwasserrohre ersetzt. Besonders appetitlich sieht die braune Brühe dennoch nicht aus.

Die noch bestehenden Wasserwege werden auch heute noch für den Transport genutzt, und zwar in Form von Wassertaxis. Eine für uns neue Art des öffentlichen Nahverkehrs, die nicht nur günstig ist, sondern auch noch jede Menge Spaß macht. Gemeinsam mit sehr vielen Einheimischen rattert man in den lauten Booten durch die Kanäle und kann die Atmosphäre der Hauptstadt aus der Wasserperspektive aufsaugen. Auch das Spazieren an den Kanälen ist immer wieder sehr spannend.

Bangkok ist so kontrastreich wie viele asiatische Großstädte. Moderne trifft auf traditionelle Lebensweise, Wohlstand auf Bedürftigkeit und Hektik auf Entspannung. Aber auch wenn die Kontraste offensichtlich sind, so verschwimmen sie miteinander.

Wir genießen vor allem das Schlendern durch die Straßen und kleinen Gassen. Besonders idyllisch finden wir die alten Holzhäuser, die sich an den Khlongs befinden. Man könnte hier ewig verweilen und all die vielen Details aufsaugen. Das Leben schwappt hier förmlich nach draußen und man bekommt ganz besondere Einblicke. Man kann zumindest einen Hauch davon erahnen, wie Bangkok vor 100 Jahren ausgesehen haben mag.

Aber es sind nicht nur die Khlongs, die eine so gemütliche Atmosphäre verschaffen. Immer wieder sehen wir Street Art, die den grauen Wänden dahinter etwas Leben verleiht.

Es ist eben dieser Wechsel, der einer Stadt so einen aufregenden Charakter verleiht. Gerade eben sind wir noch in einer kleinen Gasse, wo man fast nichts hört und mit einmal sind wir wieder im vollen Großstadtsumpf gestrandet. Achtspurige Straßen, darüber Betonbahnen für eine weitere Straße oder den Skytrain. Das Brückennetz überspannt die ganze Stadt und von den Plattformen hat man perfekte Blicke über die Stadt. Selbst das Bahnfahren wird eher zu einem Ereignis als zu einer Notwendigkeit.

In Bangkok gibt es unzählige Wats, buddhistische Tempel, die das Bild der Stadt ebenso prägen, wie moderne und traditionelle Architektur. Wir belassen es hier bei lediglich einem Tempelbesuch, dem Golden Mountain. Eine wunderschöne Anlage, die, wie man am Namen erkennen mag, auf einem Berg gebaut ist. Das ist dann auch schon der Grund, warum wir uns für diese Tempelanlage entschieden haben. Auf unserer Radtour haben wir das Glück auch in viele andere Wats zu gelangen, die tatsächlich sehr viel mehr meditativ buddhistische Stimmung verbreiten.

Wir genießen den Ausblick über die Stadt, genießen den Sonnenuntergang und sehen, wie die Lichter der Stadt die Nacht einleiten.

Damit verwandelt sich auch Bangkok ein weiteres Mal während unseres Aufenthaltes und bekommt ein neues Gesicht. Bestimmte Viertel erwachen jetzt erst so richtig, um die Nacht zum Tage zu machen. Laute Bässe mit unterschiedlichsten Musikrichtungen kämpfen gegeneinander an. Die Masse an Menschen versucht sich irgendwie durch die Khao San Road zu schieben. Vorbei an all den internationalen Restaurants, Cannabisshops, Billigklamotten, unzähligen Fressständen mit gegrillten Skorpionen, Krokodil oder anderen, genießbaren Snacks. Dazwischen feierwütige Menschen oder Leute, die sich bei dieser Lautstärke, nebeneinandergereiht wie die Ölsardinen in der Dose, eine Massage gönnen. Die Blicke der Massierenden leer. Wenn wir jeden Tag in dieser Umgebung irgendwelchen Betrunkenen die Füße massieren müssten, dann würden wir wohl auch so schauen.

Doch das Spannende für uns ist, dass selbst hier, im wohl touristischsten Viertel der Metropole, die Einheimischen noch immer ihre Freundlichkeit bewahrt haben, wenn man ihnen mit den landestypischen Gesten begegnet. Vor all den Etablissements stehen junge Menschen, die uns für das beste Angebot begeistern und hereinlotsen wollen. Wir bedanken uns herzlich mit der traditionellen Begrüßungsgeste (Wai), bei der die Handflächen zueinander vorm Körper gefaltet werden und eine leichte Verbeugung angedeutet wird. Normalerweise wandern die Hände weiter nach oben, desto höher die Stellung des Gegenübers ist, also z.B. ältere Menschen, Mönche oder Personen, denen ein gewisser Reichtum oder Ansehen unterstellt wird. Auch, wenn Thais nicht erwarten, dass Reisende den Wai beherrschen, so ist es doch auch hier ein riesiger Unterschied, wie man den Einheimischen begegnet. Selbst in der Khao San Road erwidern die Thai unser dankendes Ablehnen respektvoll mit der typischen Verbeugung und dem ehrlichen Lächeln, welches uns schon so oft in Thailand entgegenstrahlte.

Wir lassen unsere Zeit hier im grünen Bangkok ausklingen. Im Lumphini Park kann man gut dem Beat der Hauptstadt entkommen und entspannen, ganz nach dem Vorbild der Komodowarane, die hier überall tiefenentspannt herumliegen. Einzig und allein die Wolkenkratzer erinnern uns noch daran, wo wir uns eigentlich gerade befinden.

Dir hat unser Beitrag gefallen? Wenn du möchtest, kannst du hier etwas in unsere virtuelle Kaffeekasse werfen.

Schreibe einen Kommentar

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Karen Schröder

    Moin!
    Seid ihr nicht mehr in der Schule, in der Isabel unterrichten wollte? Irgendwie hatte ich mir gemerkt, dass ihr 3 Wochen dort bleiben wolltet….Hm.
    Eine gute Weiterreise wünschen euch Renate und Karen aus Kiel 😊😊👋👋🍀🍀